„Wenn das die Digitalisierung ist, dann bin ich auch dafür“, fasst eine Seniorin ihre Eindrücke von der Exkursion „Ovenhausen auf dem Weg in die Zukunft“ zusammen, die rund 40 Caritas-Mitglieder in das innovative Besucherzentrum des Klosters Marienmünster führte. Dort bestaunten sie einen digitalen Klosterbruder als Holografie, der von seinem Alltag als Mönch berichtete. Über eine interaktive Karte, die auf den Boden des Besucherzentrums projiziert wurde, konnten die Teilnehmer multimedial aufbereitete Informationen zu den Klöstern im Kreis Höxter abrufen. Von den Möglichkeiten der Technik waren sie sichtlich begeistert.
Das Eintauchen in die Welt der digitalen Möglichkeiten war ein gezielt formuliertes Angebot für ältere Mitbürger*innen im Dorf. Ovenhausen hofft, wie alle anderen am Projekt Smart Country Side beteiligten Modellorte, auf die Mitwirkung möglichst vieler ehrenamtlich engagierter Bürger*innen. Für die Entwicklung und Erprobung einer digitalen Fürsorge-, Kirchen- und Dorfplattform braucht es viele aktive Hände und Menschen, die bereit sind, sich einzulassen und neue Wege bei der Kommunikation und Vernetzung zu gehen. Über diese digitalen Plattformen erhalten die Menschen vor Ort, Halt und Hilfe sowie Rat und Tat. Diese neuartige Art der Vernetzung und Kommunikation stärkt die Gemeinschaft und bezieht auch Menschen mit ein, die beruflich viel unterwegs bzw. zum Studieren weggezogen sind oder bisher zurückgezogen im Dorf leben.
Mit positiven Erlebnissen Ängste abbauen
Positive emotionale Erlebnisse und Erinnerungen für Menschen zu schaffen und sie zum Staunen zu bringen ist aus meiner Erfahrung als SCS-Projektmanagerin ein guter Weg, um Vorurteile und Ängste, insbesondere bei älteren Menschen, gegenüber der Digitalisierung abzubauen. Dabei darf man nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen, sondern muss die Lebensrealitäten der Bürger*innen kennenlernen und berücksichtigen, d. h. sie da abholen, wo sie stehen, um Vertrauen aufbauen zu können.
Die Interessen der Caritas-Mitglieder umfassen Themen wie Nächstenliebe, kirchliches und karikatives Wirken sowie die Freude an den zahlreichen Kirchen und Klöstern in der Region, was der beschriebenen Exkursion Inhalt und Richtung gab.
Genau diese Menschen lädt Ovenhausen künftig auch in die Klönstube gleich neben dem Pfarrheim ein. Hier befindet sich die über das Projekt SCS initiierte Lern- und Medienecke, die für Schulungen, Präsentationen sowie Film- und Vereinsabende genutzt werden kann. Interessierte Bürger*innen können mit Unterstützung der Dorf-Digital-Experten ihre digitale Kompetenz stärken. Sie können in Ruhe und in vertrauter Atmosphäre lernen und ausprobieren, wie man Tickets und Reisen online bucht, wie Online-Banking funktioniert, wie man mit den Enkeln skypt und wie man Informationen im Netz recherchiert. Zudem erfahren sie dort über die digitale Dorf-Plattform, was es im Dorf an Neuigkeiten gibt.
Bürgerschaftliches Engagement braucht Vertrauen und Verbindlichkeit
Nach zwei Jahren Laufzeit steht für mich als Projektmanagerin, die 16 Dörfer gleichzeitig betreut und vernetzt, fest: Ohne Vertrauen und Verbindlichkeit ist eine Mobilisierung von bürgerschaftlichem Engagement im Rahmen von zeitlich befristeten Förderprojekten im Dorf nicht möglich. Um den Bottom-up Ansatz ernst zu nehmen, reicht es nicht, einmal den Ort zum Dorfrundgang zu besuchen. Vertrauen wächst über zahlreiche persönliche Begegnungen und gemeinsame Aktivitäten. Viele Bürger*innen sind stark beschäftigt, haben private und berufliche Verpflichtungen und engagieren sich in Vereinen. Da bleibt kaum Zeit und Interesse für weitere Aktivitäten, z. B. für eine Beteiligung am Projekt Smart Country Side. Zumal wenn ein Thema wie die „Digitalisierung im ländlichen Raum“ erst mal sperrig und abstrakt daherkommt und Vorbehalte weckt. Bei einigen werden virtuelle Realitäten befürchtet, die bewährte Traditionen und das Miteinander vor Ort ersetzen sollen. Andere denken bei Digitalisierung automatisch an die Breitbandanbindung, die seit vielen Jahren vermisst und gefordert wird und zum Glück im Kreis Höxter auf den Weg gebracht ist.
Wie kann die Verstetigung von erfolgreichen Förderprojekten gelingen?
Für die nun beginnende SCS-Umsetzungsphase, in der zahlreiche innovative Ideen wie z. B. die smarte Bürgerhalle oder der digitale Dorf-Notruf parallel in den Modellorten entwickelt und erprobt werden, ist eine aktive Beteiligung vieler Menschen aus der Dorfgemeinschaft das entscheidende Erfolgskriterium für das bundesweit viel beachtete Leuchtturmprojekt. Was nützt die schönste digitale Dorf-Plattform, wenn es nur wenige Nutzer und Interessenten vor Ort gibt, die Inhalte einstellen, darüber kommunizieren und sich nachhaltig darum kümmern? Eine nachhaltige Integration digitaler Plattformen in die Dorfgemeinschaft kann aus meiner Sicht nur gelingen, wenn es möglichst viele engagierte Mitmacher gibt, die ihr Dorf fit für die digital vernetzte Zukunft machen wollen. Und wenn es breite Unterstützung aus den Kommunen, der Politik und der Verwaltung gibt, die frühzeitig Angebote an die Menschen vor Ort formulieren, wie die digitalen Lösungen vor Ort über den Förderzeitraum des Projektes SCS hinaus verstetigt und auf andere Dörfer übertragen werden können.
Denn mit der Beteiligung am Projekt Smart Country Side gehen die beteiligten Dörfer und Bürger*innen mit großen Schritten mutig in die neue Zeit und sind damit Vorbild für alle anderen Orte im ländlichen Raum, die die Chancen der Digitalisierung für sich nutzen wollen.
Dieser Beitrag ist der 4. Teil einer Blogserie des Projekts Smart Country Side, das in den Kreisen Lippe und Höxter aktiv ist.
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Unglaublich, was Du da so vollbringst. Wünsche weiter Kraft, Kreativität und Mut zur Umsetzung. Gruß Uli
Tolle Geschichten,
was auch der frisch zertifizierte Digital Botschafter des Landes RLP bei sich vor Ort im Westerwald umsetzen möchte.
Suche dafür noch Mitstreiter bitte traut Euch.
LG