Heidrun Wuttke
23. Juli 2018
Digitales Landleben

Smart Country Side: Bürger erproben das digitale Dorf von Morgen

Viele Bürger im ländlichen Raum wissen um die Chancen der Digitalisierung. Sie wollen diese gezielt nutzen, um die Zukunftsfähigkeit ihrer Dörfer zu sichern. Online-Initiativen ehrenamtlich engagierter Bürger gibt es schon länger: Vereine informieren und mobilisieren ihre Mitglieder über WhatsApp oder Facebook, es gibt Dorf-Websites und kundige Bürger, die ihr IT-Wissen Nachbarn zu Verfügung stellen, wenn es mit dem Internet, Telefon oder Smartphone klemmt. Jugendliche programmieren eigene Apps. Alle gemeinsam hoffen sie auf den angekündigten Breitbandausbau, damit die Nutzung des Internets auch im ländlichen Raum selbstverständlich wird.

Die Kreise Lippe und Höxter beschreiten als ländlich geprägte Regionen in Ostwestfalen-Lippe (OWL) mit dem jetzt laufenden Breitbandausbau sowie mit dem innovativen interkommunalen Leuchtturmprojekt Smart Country Side (SCS) neue Wege, die über die Region OWL hinaus Modellcharakter haben.

Bürger aus 16 Modellorten entwickeln digitale Anwendungen

Das bundesweit innovative Projekt SCS bereitet Dörfer und Bürger in beiden Kreisen auf die digital vernetzte Zukunft vor und liefert kluge Lösungen für die demografischen Probleme vor Ort. Der Clou: Bürger aus 16 Modellorten entwickeln und erproben gleichzeitig 15 Monate lang bedarfsgerechte digitale Anwendungen, wie z. B. eine digitale Dorf-Plattform, eine Kirchen-App oder eine smarte Bürgerhalle, die bei Erfolg auch andere Dörfer nutzen können. SCS stärkt damit die Daseinsvorsorge, die Teilhabe und Mobilität, das bürgerschaftliche Engagement sowie das generationsübergreifende Miteinander.

Eine Karte, die die 16 Modelldörfer der Kreise Lippe und Höxter anzeigt. Sie sind versehen mit bunten Kästchen, aus denen hervorgeht, was die Dörfer planen, z.B. Kirchen-App oder Dorf-App.

Ein Lageplan der Modelldörfer von Smart Country Side.

Gleichzeitig stärken die Bürger aus beiden Kreisen ihre digitale Kompetenz: Sie nehmen an Schulungen, Fachveranstaltungen, Vorlesungen, Exkursionen, praxisorientierten Trainings für Online-Banking und Social Media sowie E-Sport-Turnieren teil. Die künftigen Dorf-Digital-Experten üben die versierte Handhabung digitaler Anwendungen und geben ihr Wissen an die Dorfgemeinschaft weiter. Sie lernen, wie man online rechtssicher einkauft, Tickets bestellt, Verträge abschließt, Software und Virenschutz installiert, Informationen recherchiert, E-Reader benutzt und mit CMS-Systemen Websites gestaltet. Das Besondere: Die Dorfgemeinschaften definierten ihren Wissensbedarf vorab, so dass das Konzept „Stärkung der digitalen Kompetenz“ passgenau auf ihren Bedarf zugeschnitten ist.

Das aus dem Europäischen Fonds für Regionale Entwicklung (EFRE) sowie dem Land NRW geförderte interkommunale Kooperationsprojekt wird für den Kreis Höxter von der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung im Kreis Höxter mbH (GfW) und für den Kreis Lippe vom Zukunftsbüro betreut. Es verfolgt das übergeordnete Ziel, die Digitalisierung zu nutzen, um neue, innovative Formen der Kommunikation, Kooperation und Vernetzung zwischen den Dörfern, den Dörfern und Kommunen sowie zwischen Stadt und Land zu etablieren.

Das dreijährige Projekt SCS befindet sich jetzt in der Umsetzungsphase. Meine Kollegin Ann-Kathrin Habighorst (Projektmanagerin von SCS für den Kreis Lippe) und ich freuen uns über die Einladung der Bertelsmann Stiftung, im Smart Country Blog von den Erfahrungen und Ergebnissen zu berichten.

In den kommenden Wochen veröffentlichen wir Beiträge zu diesen Themen:

  1. Digitale Kompetenz für Bürger im ländlichen Raum
  2. Bottom-Up: Bürger aus 16 Dörfern entwickeln und erproben bedarfsgerecht digitale Anwendungen
  3. Kirche und Digitalisierung: Wie passt das zusammen?
  4. Neue Wege braucht das Land: Ehrenamt und Digitalisierung als Chance für neue Formen der Solidargemeinschaft.

 

Smart Country Side ist eines von 10 Digitalisierungsprojekten in der Region Ostwestfalen-Lippe. Das von der OWL GmbH entwickelte Handlungskonzept „OWL 4.0“ im Umfang von 6,6 Mio. Euro war beim Projektaufruf Regio.NRW erfolgreich, mit dem das Land die Wettbewerbs- und Innovationsfähigkeit der Regionen stärken will. Es hat das Ziel, die digitalen Transformationsprozesse vorzudenken und in Modellprojekten exemplarisch zu erproben. Davon profitieren Unternehmen, Kommune und die Bürger im ländlichen Raum gleichermaßen.

Lesen Sie auch:

2. Teil: Die Dorf-Digital-Experten: Pioniere für das sorgende Dorf

3. Teil: Digitalisierung und Kirche: Wie passt das zusammen?

4. Teil: Sozial braucht Digital: Ehrenamt und Digitalisierung auf dem Land

Titelfoto: Jan Voth
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