Laptop, Tablet, Handy – das sind Geräte, an die häufig zuerst gedacht wird, wenn es um die digitale Teilhabe Älterer geht. Was aber ist mit dem bewährten Telefon? Mit Susanne Steigler von Silberdraht sprachen wir darüber, warum das analoge Telefon ein passendes Medium für die digitale Teilhabe älterer Menschen sein kann und welche Möglichkeiten es seinen Nutzer:innen eröffnet.
Rund 85% aller deutschen Haushalte besitzen einen Festnetzanschluss, das entspricht rund 38 Millionen Haushalten in Deutschland. Wer keinen Festnetzanschluss besitzt, könnte jedoch ein Smartphone sein eigen nennen. Die Wahrscheinlichkeit in Deutschland ein Smartphone zu besitzen ist groß, denn im letzten Jahr gab es in Deutschland rund 60 Millionen Smartphonenutzer:innen. Wie aber sollen analoge Festnetztelefone die digitale Teilhabe unterstützen?
„Wir bieten digitale Infos über den analogen Telefonweg“, erklärt Susanne Steigler von Silberdraht, einer Initiative, die im Rahmen des Bundeshackathons WirVsVirus im Frühjahr 2020 gegründet und beim „UpdateDeutschland“-Hackathon weiterentwickelt wurde. Mehr als 20% der Deutschen sind über 65 Jahre alt, rund die Hälfte der über 65-Jährigen hat keinen Zugang zum Internet. Silberdraht ist eine Lösung zur digitalen Teilhabe der Generation 65+. Und zwar insbesondere für diejenigen, die das Internet so nicht selbstständig verwenden können. Die Nutzung ist denkbar einfach – mit Absicht. Nutzer:innen können eine Telefonnummer anrufen und erhalten dort Informationen, Nachrichten und Unterhaltungsangebote. Vom Wetter über Nachrichten und Podcasts bis zur Ankündigung lokaler Angebote zum Aktiv sein, bei der Gestaltung der Telefonangebote ist vieles möglich.
„Wir wollten keine weitere App erstellen“
Gerade in der Corona-Pandemie haben Kommunen gemerkt, wie wichtig die Kommunikation mit den Bürger:innen ist. Kommunikation unterstützt die Informiertheit der Bevölkerung und schafft Vertrauen. Auch Menschen, die keinen Zugang zum Internet haben, müssen über wichtige kommunale Themen informiert werden. Viele Informationen befinden sich mittlerweile aber immer häufiger auf Websiten und anderen Internetportalen, zu denen insbesondere den Älteren der Zugang fehlt. Fehlender Internetzugang darf jedoch nicht zu Ausgrenzung führen. Zwar haben Ältere in den vergangenen Jahren bei den digitalen Technologien aufgeholt, doch liegen sie bei deren Nutzung immer noch hinter den jüngeren Zielgruppen zurück. Ein Telefon als kommunales Informationsportal? Die Idee des „Städtetelefons“ war geboren.
Zielgruppenorientierte Inhalte
Das „Städtetelefon“ ist die kommunale Version des „Silberdrahts“. Ausgangspunkt für das Städtetelefon einer Kommune ist eine lokale Festnetznummer. Das schafft ebenfalls Vertrauen und stärkt die lokale Bindung. „Wenn man sich einwählt hört, man ein menschliches Menü und kann sich dann dort die Inhalte auswählen“, erklärt Susanne Steigler. Eine Struktur und die Inhalte werden dann in enger Abstimmung mit der jeweiligen Kommune erarbeitet. Grundlage für die Erstellung der Inhalte ist ein professionelles Interaktionsdesign, denn auch das Vor- und Zurück-spulen der Inhalte ist über die Ziffern des Telefons möglich.
Dabei werden die Struktur und Inhalte eines Städtetelefons nah an den Bedarfen der Zielgruppe ausgerichtet und verständlich aufbereitet, erklärt Steigler: „Die ersten Ansagen sind mit Absicht langsam eingesprochen und werden wiederholt, damit sich wirklich jede:r gut durchnavigieren kann und sich nicht im Menü verirrt.“ Aufgrund seiner langen Geschichte als standardisiertes Kommunikationsmedium ist das Telefon von allen Generationen intuitiv nutzbar. Zudem entspricht die Lösung den Bestimmungen der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO). Natürlich kann man das Städtetelefon auch von dem Handy aus anrufen.
Wenn der Bürgermeister persönlich begrüßt – der „Heidelberger Silberdraht“
Einen aktiven Piloten gibt es bereits in der Stadt Heidelberg. Zwar ist die Stadt mit einem Anteil von rund 17 Prozent der Gesamtbevölkerung über 65 Jahren eine der jüngsten Städte Deutschlands, doch auch hier wächst der Anteil der älteren Bevölkerung. Seit dem 19. Mai begrüßt Prof. Dr. Eckart Würzner, Oberbürgermeister der Stadt Heidelberg, nun die Bürger:innen der Stadt mit einer persönlichen Grußbotschaft am Telefon. Mit weiteren Städten sind die Unterstützer von Silberdraht im Gespräch.
Team Silberdraht
Das Team rund um die Initiative besteht aus 4 Gründer:innen, die in ihrer Freizeit jede freie Minute in die Weiterentwicklung des Telefonservices stecken. (Foto oben: Susanne Steigler & Theresa Henze; unten: Niklas Droste & Daniel Puscher)
Was ist UpdateDeutschland? UpdateDeutschland steht im Zeichen von Open Social Innovation – eine Methodik, die mit Unterstützung der Bundesregierung beim #WirVsVirus Hackathon und seinem Umsetzungsprogramm erprobt wurde. Von rund 1.500 Lösungen wurden 150 bei der Weiterentwicklung, Pilotierung und breiten Umsetzung unterstützt. Sie helfen in der Corona-Krise und zeigen heute schon nachhaltige Wirkung. Darauf aufbauend entsteht bei UpdateDeutschland zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern sowie Partnerinnen und Partnern aller föderalen Ebenen ein deutschlandweites Zukunftslabor: Hunderte Lösungen werden parallel getestet und mit Hilfe von Kooperationen in die Umsetzung gebracht. UpdateDeutschland ist ein Experiment, in dem wir aus Fehlern lernen und gemeinsam wachsen. www.updatedeutschland.de
UpdateNRW ist die gemeinsam mit der Staatskanzlei des Landes NRW, dem Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen und der Bertelsmann Stiftung initiierte Regionalisierung von UpdateDeutschland. Das Ziel der Initiative UpdateNRW ist es, im Rahmen des UpdateDeutschland-Umsetzungsprogramms eine Plattform für regionalen Austausch und Vernetzung zu schaffen.
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Tolle Geschichte die ich gerne bei mir vor Ort übernehmen und kopieren möchte.
“Akademie für Ältere” (war auch Idee von mir )
Als Digital Botschafter des Bu Landes RLP hat auch uns die Pandemie fest im Griff, auch wenn zur Zeit etwas gelockert wird sind wir sicher noch lange nicht durch.
Gerne mehr.
LG
wolle
Lieber Wolle, das freut uns sehr! Wende Dich dazu sehr gerne direkt an Susanne.
Viele Grüße
Tobias