Die Metropolen und großen Städte sind immer noch Anziehungspunkte für viele Menschen. Studierende, die ihre Heimat verlassen, ältere Menschen, die sich dort eine bessere Gesundheitsversorgung versprechen oder Immigranten machen einen Großteil der neuen Stadtbewohner*innen aus. Zugleich ersticken die Metropolen und Großstädte aber auch an ihrer Anziehungskraft.
Was sind Stärken und Schwächen der Großstädte?
Metropolen und Großstädte haben viele Stärken: Sie verfügen über mehr und gutbezahlte Arbeitsplätze, sie weisen attraktive Kultur- und Bildungseinrichtungen auf, hier funktioniert das ÖPNV-Angebot und sie experimentieren mit neuen Mobilitätsformen wie Carsharing oder Ridesharing. Außerdem ist die digitale Infrastruktur dort wesentlich besser als in den ländlichen Regionen Deutschlands.
Die deutsche Hauptstadt Berlin muss jährlich einen Zuwachs von ca. 40.000 Einwohner*innen verkraften. Dies bringt sie an den Rand der Überforderung. Die Schwächen des Stadtmodells sind nicht zu übersehen. Sie zeigen sich beispielsweise in fehlendem und überteuertem Wohnraum und vermehrter Gentrifizierung, Staus auf den Straßen und vergebliche Parkplatzsuche, übermäßige Luftverschmutzung, eine starke Versiegelung des Bodens sowie eine hohe Zahl von Pendler*innen, die täglich aus dem Umland in die Städte zur Arbeit fahren müssen.
Als Antwort auf diese Schwächen der Metropolen und Großstädte entstand das Konzept der Smart City. Darunter versteht man, laut Wikipedia, einen „Sammelbegriff für gesamtheitliche Entwicklungskonzepte, die darauf abzielen, Städte effizienter, technologisch fortschrittlicher, grüner und sozial inklusiver zu gestalten“.
Die Förderrichtlinien der EU und der Bundesministerien konzentrierten sich bisher auf Smart-City-Konzepte. Im Fokus standen vor allem Projekte der Energie- und Umweltwende sowie die bessere Steuerung und Ressourcennutzung der städtischen Infrastruktur in den Bereichen Verkehr sowie Ver- und Entsorgung.
Bei einem Blick auf die Einwohnerverteilung Deutschlands zeigt sich jedoch, dass nur 7 Millionen Einwohner*innen in Metropolen (über 1 Mio. EW) leben und 17 Millionen in Großstädten. Demgegenüber stehen aber 56 Millionen, die in ländlichen Regionen leben.
Es liegt also nahe, auch für den ländlichen Raum eine Stärken-Schwächen-Analyse zu erstellen.
Was sind Stärken und Schwächen des Ländlichen Raums?
Auch der ländliche Raum kann viele Pluspunkte verzeichnen. Ohne allzu sehr zu pauschalieren, lässt sich feststellen, dass hier mehr Natur, eine gesündere Luft und weniger Umweltbelastungen, mehr Parkplätze und vor allem mehr preiswerter Wohnraum angeboten wird. Ebenso ist der soziale Zusammenhalt enger, weil das Vereinsleben noch intakter ist und die Menschen ihre Nachbarn noch kennen. Zugleich engagieren sich – teilweise schon seit Generationen – mehr Menschen in Ehrenämtern wie z.B. in der Freiwilligen Feuerwehr.
Allerdings werden diese Stärken durch eine Reihe von Schwächen begleitet, deren Resultat eine Flucht aus den ländlichen Regionen in die Städte darstellt.
Zu den Schwächen des ländlichen Raumes gehören beispielsweise fehlende attraktive Arbeitsplätze, die Überalterung der Bevölkerung, die Dominanz des PKW als präferiertes Verkehrsmittel und die geringe Verfügbarkeit öffentlicher Verkehrsmittel. Ebenso sind erhebliche Defizite in der örtlichen Nah- und Gesundheitsversorgung und abgebaute Behördenangebote festzustellen. Die größte Schwäche des ländlichen Raumes liegt jedoch in der fehlenden digitalen Infrastruktur.
Bei einer Gegenüberstellung der Stärken und Schwächen der Großstädte und des ländlichen Raums (SWOT Analyse) lassen sich Schlussfolgerungen für eine Smart-City/Smart-Country-Strategie ableiten. Es wird sichtbar, dass die meisten Schwächen, die die Großstädte aufweisen, durch die Nutzung der Stärken des ländlichen Raumes ausgeglichen werden können. Dies zeigt nachfolgende Grafik:
Besonders beim täglichen Pendeln zum Arbeitsplatz zeigt sich die Verbindung zwischen Städten und ländlichem Raum. Zwischen 2008 und 2018 ist die Zahl der Pendler*innen, die zum Arbeiten ihre Heimatgemeinde verlassen, um 21 Prozent von 16,1 Millionen auf 19,5 Millionen gestiegen. Und über 2/3 aller Pendlerfahrten wurden 2016 mit dem PKW zurückgelegt. Angesichts zunehmender Staus und Luftbelastungen durch den Straßenverkehr liegt es nahe, eine Infrastruktur für das mobile Arbeiten aufzubauen.
In den Metropolen und Großstädten haben sich CoWorking Spaces als Dritter Arbeitsort zwischen Firma und Zuhause etabliert. Inzwischen erkennen aber auch immer mehr ländliche Regionen, dass diese eine Chance für mehr Wertschöpfung und Attraktivitätssteigerung der ländlichen Region darstellen.
In Schleswig-Holstein hat deshalb die Landesregierung mit der Initiative CoWorkLand eine Roadshow geschaffen, die Landbewohner*innen die Vorteile des mobilen Arbeitens in Coworking-Spaces näherbringen soll, damit sie auf das tägliche Pendeln verzichten können.
Politisches Ziel sollte es sein, den Überforderungsdruck auf die Metropolen und Großstädte zu mindern, in dem der ländliche Raum gestärkt wird.
Digitales Landleben – nur mit einer guten digitalen Infrastruktur
Dazu ist jedoch eine systematische strategische Aufwertung der ländlichen Regionen erforderlich. Dabei wird der wichtigste kritische Erfolgsfaktor die Bereitstellung intelligenter digitaler Infrastrukturen sein. Sie muss dort eher besser als in den Metropolen sein, damit die Chancen des ländlichen Raumes voll genutzt werden können.
Dies intelligente digitale Infrastruktur besteht idealerweise aus drei Komponenten:
- Superschnelles Breitbandangebot in Form von Glasfaser
- Schnelle Mobilfunkangebote, die WLAN und in einigen Jahren den neuen Mobilfunkstandard 5 G umfassen
- Der Aufbau einer digitalen Assistenzinfrastruktur in Gestalt digitaler Nachbarschaften.
Gerade die überalterte Bevölkerung im ländlichen Regionen wird die Chancen der Digitalisierung nur nutzen können, wenn ihr geholfen wird, sich kompetent und sicher im Internet zu bewegen und digitale Anwendungen in ihren Alltag zu integrieren. Der Aufbau einer digitalen Assistenzinfrastruktur ist deshalb eine neue kommunale Aufgabe, bei der die Kommune die Orchestrierungsrolle einnimmt.
Titelfoto: Skitterphoto/pexels.com, Pexels license
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