Das Netzwerk Zukunftsorte hat in einem co-kreativen Prozess die aktuellen Trend-Diskussionen um Stadt-Land-Bewegungen weitergedacht und daraus eine konkrete Vision für das Jahr 2030 formuliert. Dabei skizziert das Netzwerk einen Weg, wie aus den ländlichen Regionen Ostdeutschlands mithilfe vernetzter Zukunftsorte ein Innovationsraum werden kann.
Wo wir heute stehen
Visionär*innen haben erste Zukunftsorte mit Modellcharakter aufgebaut und dabei ehemaligen Leerstand und Brachflächen umgenutzt. So sind gemeinschaftliche Wohn- und Arbeitsprojekte entstanden, die vielfältige Impulse in Ihren Regionen anstoßen. Bekannte, bereits realisierte Beispiele sind das Coconat Workation Retreat, Kloster Posa, Kühlhaus Görlitz, E-Werk Luckenwalde, Gut Boltenhof, Kaiserliche Postagentur und viele viele andere.
In diesen Projekten wird Digitales und Analoges sinnstiftend miteinander verbunden: digitales Arbeiten und analoges Miteinander in Coworking Spaces und Gemeinschaftsbüros, Austausch in Seminarräumen, Retreats und Offenen Treffpunkten. Vor Ort initiieren die Akteure gemeinwohlorientierte Projekte und befassen sich mit Daseinsvorsorge, Energieversorgung, Mobilität, Nachhaltigkeit, Ernährung und vielen anderen Themen, die die Region betreffen. Sie sind bereits jetzt Anziehungspunkt für Zuzug. So ziehen auch Menschen mit Berufen her, die im Umfeld dringend gebraucht werden: Ärzte, Therapeuten oder Erzieher*innen.
Die Betreiber*innen der Zukunftsorte bringen impulsgebende Kompetenzen in den ländlichen Raum. Es sind Menschen mit Gründergeist, Unternehmer*innen, Macher*innen. Frischer Wind! Diese Menschen haben nicht nur die Fähigkeit, in eingefallenen Rinderställen und leerstehenden Plattenbauten Potenzial zu sehen, sie können ihre Ideen auch umsetzen: Sie besitzen die Prozesskompetenz, um Gruppen zu moderieren, die kulturelle Offenheit um Menschen mitzunehmen und sie beherrschen das Projektmanagement, um vom niedrigschwelligen Experiment über alternative Finanzierungsmodelle zum nachhaltigen Gebäude zu gelangen.
Vision 2030 – vernetzte Zukunftsorte jenseits der Metropolen
Im Jahr 2030 bringen 1000 Kreativ- und Zukunftsorte digitales Knowhow, digitale Tools und soziale Techniken in die Fläche. Sie leben das Konzept der Glokalisierung, sie sind lokal wertschöpfend und global vernetzt. Sie sind Brücken für engagierte und gut ausgebildete Menschen mit Interesse am Landleben. Und sie fungieren als Katalysatoren für bereits begonnene oder ganz neue positive Entwicklungsprozesse vor Ort.
Bisher werden alternative Wohn- und Arbeitsräume immer noch im Bezug zur Großstadt gedacht. Eine Autostunde ist die magische Grenze. 1000 Zukunftsorte ermöglichen eine neue Logik der Verortung: In zehn Jahren soll es möglich sein, den neuen Lebens- und Arbeitsort nicht an der Entfernung zu Berlin messen zu müssen – sondern z.B. an Klein-Glien (Sitz des Coconat Workation Retreat).
Vernetzte Zukunftsorte verknüpfen lokale mit überregionalen, sogar internationalen Akteuren und bringen so völlig neue Impulse in die Region, weitere Unternehmen und ganze Branchen werden angezogen. Aus der Kombination von historischen und modernen Ansätzen entstehen neue Kompetenz-Cluster: Start-Ups, sanfter Tourismus, traditionelles und neues Handwerk, Energie und Baukultur.
Innovationsraum Ostdeutschland
Zukunftsorte übersetzen eine alte Tradition ins 21. Jahrhundert: Leben und Arbeiten vor Ort, sei es für das direkte Umfeld oder eben die ganze Welt. Wohnen und Arbeiten werden wieder zusammengeführt, integriert gedacht, geplant und praktiziert. Das stärkt echte Identifikation mit dem Wohnort – Zusammenhalt, Teilhabe und Engagement. Zukunftsorte erhöhen maßgeblich die Lebensqualität durch Angebote der Daseinsvorsorge, der Bildung und Kultur, durch Offene Treffpunkte. Zukunftsorte sind Magnete für den weiteren Zuzug von Fach- und Arbeitskräften, Kreativschaffenden. Und: Sie leisten mit ihrer Vielfalt einen Beitrag zu einer pluraleren Gesellschaft und sind die gelebte Alternative zu Populismus und Rechtsextremismus.
Unterstützt durch den Ausbau neuer Wohnformen, der Ansiedlung von Bundesinstituten und Stärkung des Tourismus können weitere Rückkehrer:innen, Zuzügler:innen und Fachkräfte für die Regionen gewonnen werden. In den kommenden Jahren sehen wir Kompetenz-Cluster im ländlichen Ostdeutschland entstehen. Die vermeintlichen Schwächen der neuen Bundesländer werden zu Stärken: Die dünn besiedelten Regionen sind attraktiv für Gemeinschaftsprojekte, denn sie bieten den notwendigen Experimentier- und Gestaltungsraum. Und, mal ehrlich, nirgendwo in Deutschland gibt es mehr Transformationskompetenz – Ostdeutschland “kann” Wandel. Die ländliche Gesellschaft wird so zum Zukunftsmodell moderner und sozialer Lebensgestaltung.
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Über das Netzwerk Zukunftsorte
Das Netzwerk verknüpft die einzelnen Zukunftsorte und bündelt ihre Erfahrungen zu neuer Expertise. Aus der Metaperspektive kann das Netzwerk Qualitätsstandards ausmachen und besonders impulsstarke Projekte identifizieren. Es macht Zukunftsorte sichtbar, versammelt Wissen und organisiert Austausch. Es ist fachlicher Ansprechpartner und Kontaktpunkt für die relevanten Beteiligten: kommunale Vertreter*innen, potenzielle Entwickler*innen, Menschen vor Ort. Das Netzwerk freut sich über Kontaktaufnahme von Interessierten Gemeinden und Projekten über netzwerk@zukunftsorte.land.
Die Entwicklung der Vision des Netzwerk Zukunftsorte wurde durch das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Energie des Landes Brandenburg gefördert und ist in Kooperation mit dem Projekt „Smart Country“ der Bertelsmann Stiftung entstanden.
Die vollständige Vision 2030 inkl. Handlungsempfehlungen gibt es auf der Webseite zukunftsorte.land/vision-2030.
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